Einsatz des Operationsroboters "Da Vinci" in der minimalinvasiven Chirurgie

Mit der großen Erfahrung von mehreren tausend erfolgreichen Operationen gehören die sogenannten Schlüssellochoperationen seit fast 30 Jahren zum festen Repertoire am Sana Klinikum Borna. Dabei wurden die technischen Möglichkeiten immer weiter verfeinert. Die roboterassistierte Chirurgie komplettiert nun das operative Behandlungsspektrum: nicht nur am Zentrum für minimalinvasive Chirurgie, sondern im gesamten Klinikum.

Übersichtlichkeit, wie sie die besten Augen, und Präzision, wie sie feinste Handbewegungen nicht bieten könnten …

Dr. Andreas Metzig, Leiter des Zentrums für minimalinvasive Chirurgie

Seit Mitte April 2021 ist der Operationsroboter „Da Vinci“ nun auch am Zentrum für minimalinvasive Chirurgie im Einsatz. René Kluge ist einer der Patienten, die mit Unterstützung dieser Technologie operiert wurden. Welche chirurgischen Möglichkeiten „Da Vinci“ eröffnet, zeigt seine Geschichte.

„Ich war schon das erste Mal wieder Motorradfahren“, ...

… sagt René Kluge gut gelaunt am Telefon. Da liegt die Tumor-Operation gerade einmal drei Wochen zurück. Die Klinik konnte er bereits am sechsten Tag nach dem Eingriff verlassen. Dass der Heilungsprozess so komplikationsfrei verlief, geht zum einen zurück auf die lange Erfahrung mit minimalinvasiven Eingriffen im Haus: „Im Klinikum Borna werden in der chirurgischen Klinik seit 1993 minimalinvasive Operationen durchgeführt. Damals war das vorausschauend, mutig und alles andere als eine Selbstverständlichkeit“, sagt Dr. Andreas Metzig, Leiter des Zentrums für minimalinvasive Chirurgie und stellvertretender Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, MIC- und Gefäßchirurgie. „Seitdem haben wir die minimalinvasive Chirurgie für unsere Patient:innen konsequent immer weiterentwickelt.“ Zum anderen ist in dieser Entwicklung ein Meilenstein hinzugekommen: ein Operations-Roboter mit dem Namen Da Vinci.

Das roboterassistierte OP-System ist bereits seit November 2020 in der Klinik für Urologie im Einsatz. Seit April kommt Da Vinci auch zur Entfernung von gut- und bösartigen Tumoren im Dick- und Mastdarm, am Magen und der Bauchspeicheldrüse zum Einsatz. Bei René Kluge musste ein Dickdarmtumor entfernt werden. Begonnen hatten seine Beschwerden bereits im Februar dieses Jahres. Der 44-Jährige klagte über Durchfall, der mehrere Tage anhielt. Normalerweise ist das noch kein Grund zur Beunruhigung. René Kluge war aber bereits in der Vergangenheit aufgrund von Darmpolypen − einer gutartigen Schleimhautvorwölbung − zur Vorsorge-Darmspiegelung. Aus diesem Grund hatte sein Hausarzt auf eine diagnostische Abklärung der Beschwerden gedrängt.

Unser Experte zum Thema

Dr. Andreas Metzig
Facharzt für Chirurgie, Viszeralchirurgie
Stellvertretender Chefarzt
Telefon 03433 21-1501
andreas.metzig@sana.de

Glück im Unglück dank Früherkennung

Für den Patienten kam die erneute Darmspiegelung rechtzeitig. Bei dem gelernten Maurer wurde ein Tumor im mittleren Teil des Dickdarms entdeckt. „Erstmal war das ein Schlag ins Gesicht“, erinnert er sich. „Sehr viel Angst hatte ich aber nicht, weil der Doktor mir schon gesagt hat, dass es in diesem frühen Stadium zu 90 bis 95 Prozent reparabel ist.“ Während der Spiegelung wurde eine Gewebeprobe entnommen. Die anschließende feingewebliche Untersuchung bestätigte den Verdacht, dass es sich um einen bösartigen Tumor handelte. Mit dieser gesicherten Diagnose kam René Kluge in das Darmkrebszentrum der Sana Kliniken Leipziger Land, das durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifiziert ist.

Durch standardisierte Ausbildungsprogramme und eine technische Ausstattung auf durchgehend höchstem Niveau können in Borna seit vielen Jahren auch sehr komplexe Operationen in der Viszeralchirurgie – insbesondere Tumoroperationen – zum überwiegenden Teil minimalinvasiv durchgeführt werden.

In einem ersten Schritt wurden weiterführende Untersuchungen wie Ultraschall und Computertomographie durchgeführt. Sie dienten der Einordnung des Tumorstadiums und der Behandlungsentscheidung. „Diese Diagnostik ist elementar wichtig, um die für den Patienten individuell notwendige Therapie festlegen zu können. Nicht immer wird sofort operiert. In manchen Situationen, z. B. bei bösartigen Erkrankungen im Mastdarm oder am Magen, wird zunächst eine Chemotherapie oder eine Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung durchgeführt, um die Heilungschancen für den Patienten zu optimieren“, erklärt Dr. Metzig. Bei René Kluge sprachen die Untersuchungsergebnisse sehr klar für eine roboterassistierte operative Entfernung des Tumors als Therapie der ersten Wahl. „Für Tumor-Operationen im mittleren Teil des Dickdarms wie bei dem Patienten ist die Unterstützung durch das roboterassistierte OP-System von großem Vorteil“, sagt der Facharzt für Chirurgie und Viszeralchirurgie, der den Patienten auch operiert hat.

Das Zentrum für Minimalinvasive Chirurgie arbeitet seit 1993 erfolgreich

Mit der großen Erfahrung von mehreren tausend erfolgreichen Operationen gehören die sogenannten Schlüssellochoperationen seit fast 30 Jahren zum festen Repertoire am Klinikum Borna. Dabei wurden die technischen Möglichkeiten immer weiter verfeinert. Die roboterassistierte Chirurgie komplettiert nun das operative Behandlungsspektrum: nicht nur am Zentrum für minimalinvasive Chirurgie, sondern am gesamten Klinikstandort Borna. Patient:innen aus der Region können je nach medizinischer Situation laparoskopisch, robotisch-laparoskopisch oder auch mit Bauchschnitt operiert werden. Und das quasi vor der Haustür.

Mehr Freiheitsgrade als die menschliche Hand

Das Da-Vinci-Chirurgiesystem besteht aus einer ergonomischen Arztkonsole, einem Patientenwagen mit vier interaktiven Armen, einem Videosystemwagen zur Steuerung der hochauflösenden Kamera und Lichttechnik sowie aus abwinkelbaren OP-Instrumenten. Gesteuert wird der Roboter ausschließlich von extra dafür ausgebildeten Ärzt:innen. Statt direkt am OP-Tisch zu stehen, sitzt der Operateur bzw. die Operateurin an einer wenige Meter entfernten Konsole und steuert per Joystick die Operationsinstrumente. Die Handbewegungen werden dabei hochpräzise und zitterfrei übertragen. Der „Operationsroboter“ skaliert, filtriert und übersetzt die Bewegungen an der Konsole in hochpräzise Bewegungen der Instrumente. Die Instrumente können in mehr Freiheitsgraden als die menschliche Hand bewegt werden und bieten einen wesentlich besseren Zugang zum Operationsgebiet. Zudem sorgt die hochauflösende dreidimensionale Darstellung mit mehr als zehnfacher Auflösung für eine exzellente Sicht auch auf feinste Strukturen innerhalb des Körpers.

Die Vorteile überzeugten auch René Kluge. „Das hörte sich gut an. Es war ja die Alternative zu einem großen Bauchschnitt“, sagt er. Dass Bedenken aufgrund der Technik in der Tat unbegründet sind, betont auch Dr. Metzig: „Auch wenn umgangssprachlich oft von einem ‚Operationsroboter‘ die Rede ist: Die volle Kontrolle liegt immer beim Chirurgen bzw. der Chirurgin. Darauf können sich unsere Patient:innen definitiv in jeder Situation verlassen. Die Arme des Roboters bewegen sich nur dann, wenn sie der/die Operateur:in steuert. Ohne die Bedienung und das Know-how durch Expert:innen geht am ‚Da Vinci‘ nichts.“

„Bei komplexen viszeral-chirurgischen Eingriffen belegen mittlerweile auch Studien die Vorteile für Patient:innen.“

Dr. Andreas Metzig

Schonendere Eingriffe. Bessere Ergebnisse.

Die Vorteile für die Patient:innen liegen auf der Hand: Die hohe Präzision ermöglicht ein chirurgisches Vordringen in Bereiche, die minimalinvasiv (laparoskopisch) bislang verschlossen blieben oder nur äußerst schwer zu erreichbar waren. „In der onkologischen Chirurgie können wir durch den Einsatz des Da-Vinci-Systems die Grenzen hin zum Funktionserhalt verschieben, indem Nerven geschont und Organe erhalten werden können“, erklärt der erfahrene MIC-Chirurg und ergänzt: „Inzwischen belegen auch verschiedene Studien den Vorteil der Robotik in der Chirurgie des Dick- und Mastdarmes. So kann die Funktionalität der Harn- und Geschlechtsorgane bei einer robotisch-laparoskopischen Mastdarmoperation besser erhalten werden. Zudem ist die Belastung des Patienten durch das sogenannte Operationstrauma, also die Verletzungen durch den Eingriff, deutlich geringer als bei minimalinvasiver Operationstechnik.“

Das bestätigt auch René Kluge: „Als mich Dr. Metzig nach der OP im Aufwachraum gefragt hat, ob ich Schmerzen habe, musste ich erstmal nachfragen, ob überhaupt etwas gemacht wurde“, berichtet er. „Ich habe nichts gespürt. Ich konnte am nächsten Morgen schon aufstehen und am Nachmittag selbstständig laufen. Ich habe die Schnittwunden dann schon ein bisschen gemerkt. Aber sonst? Alles total problemlos.“

Ich musste erst mal nachfragen, ob überhaupt etwas gemacht wurde.

René Kluge

Im Anschluss an die Tumoroperation wurde das entfernte Gewebe eingeschickt und feingeweblich (histologisch) am Universitätsklinikum Leipzig untersucht. Eine Zusammenschau aller vorliegenden Befunde im Tumorboard − einer Tumorkonferenz, an der alle Behandlungspartner:innen aus der Chirurgie, Onkologie, Strahlentherapie, Pathologie, Radiologie teilnehmen – bestätigte, dass der Tumor und das dazugehörige Lymphgewebe vollständig entfernt wurden und eine Chemotherapie nicht erforderlich war. Auf die Frage, wie es ihm jetzt gehe, sagt René Kluge am Ende des Telefonats: „Wunderbar. Ich war sehr überrascht, dass das so schmerzfrei gewesen ist.“

Ab dem 50. Lebensjahr haben Männer und Frauen einen gesetzlichen Anspruch auf eine jährliche Stuhluntersuchung. Der Stuhl wird auf verstecktes Blut getestet, das mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist. Der Hintergrund ist, dass Darmtumoren und speziell die noch gutartigen Vorstufen von Darmkrebs, sogenannte Adenome, häufiger bluten als gesunde Schleimhaut. Kann Blut nachgewiesen werden, wird der Blutungsursache mithilfe einer Darmspiegelung nachgegangen. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten.

Ab dem Alter von 55 Jahren können Versicherte kostenfrei zur Vorsorgedarmspiegelung gehen. Ist ein Verwandter oder eine Verwandtin ersten Grades bereits betroffen, liegt der Vorsorgebeginn zehn Jahre vor dem Erkrankungsalter des/der Angehörigen. Mithilfe der Untersuchung können Dickdarmtumoren in einem sehr frühen Stadium und Polypen aufgespürt werden. Polypen sind gutartige Veränderungen der Darmschleimhaut, die sich aber zu bösartigen Tumoren entwickeln können. Der Gefahrenherd wird dann bereits während der Spiegelung entfernt. Es ist kein zusätzlicher Termin notwendig.

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Schonende Chirurgie

Minimalinvasive OP-Verfahren benötigen nur millimeter- oder zentimeterlange Hautschnitte für einen Zugang zum Operationsgebiet. Das unter der Haut liegende Gewebe wird nicht durchtrennt, sondern auseinandergedrängt. Über diese Zugänge werden eine Kamera und nur wenige Millimeter dicke Spezialinstrumente zum Zielgebiet der Operation geführt. Durch die hochmoderne Kameratechnik kann in den meisten Fällen eine deutlich bessere Übersicht über das zu operierende Organ erreicht werden. Für die Patient:innen bedeutet das: 

  • Besseres kosmetisches Ergebnis. Die Operationsnarben sind deutlich kleiner und in der Regel später kaum noch erkennbar.
  • Diagnostische Möglichkeiten: Die Spiegelung des Bauchraumes erleichtert oftmals die Einschätzung der Ausdehnung und des Fortschritts der Erkrankung. Ferner bietet sie die Möglichkeit, andere Organe mitzubeurteilen.
  • Geringere Schmerzen, weniger Schmerzmittel bedarf.
  • Weniger Verwachsungen im Bauchraum nach der Operation.
  • Schnellere Wiederherstellung der normalen Darmtätigkeit nach Operationen im Bauchraum.
  • Geringere Traumatisierung des umliegenden Gewebes. Damit verbunden kommt es zu einer schnelleren Erholung nach der Operation. Die Krankenhausverweildauer kann deutlich reduziert werden.

Stand: 03.11.2022

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