Beugen, Drehen, Strecken & Laufen — Mit Teamwork gegen den Schmerz

Am Rückgrat hinterlässt das Alter Spuren. Die Knochendichte lässt nach, die Bandscheiben verlieren an Spannkraft, die kleinen Wirbelgelenke können Arthrosen bekommen, die kleinen Bänder und Muskeln erschlaffen. Ein lebenslang aktiver Lebensstil wirkt diesem Prozess entgegen. Aber nicht alle Beschwerden lassen sich verhindern.

Das Rückgrat ist ein wahrer Alleskönner. In einem ausgeklügelten Zusammenspiel von Wirbeln, Bandscheiben, Bändern und Muskeln bestimmt es Haltung und Ausstrahlung eines Menschen. Es verbindet Kopf, Schultern, Brustkorb, Arme, Becken sowie Beine miteinander und ermöglicht Beweglichkeit in alle Richtungen. Aber auch am Rückgrat hinterlässt das Alter Spuren. Die Knochendichte lässt nach, die Bandscheiben verlieren an Spannkraft, Bänder und Muskeln erschlaffen. Ein lebenslang aktiver Lebensstil wirkt diesem Prozess entgegen. Aber nicht alle Beschwerden lassen sich verhindern. Das Team des Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrums richtet den Blick auf zwei der häufigsten gesundheitlichen Auswirkungen und darauf, was hilft, bis in das hohe Alter fit zu bleiben.

Wirbelbrüche — Präzise Diagnostik. Gezielte Therapie.

Hustenanfall, Niesen, etwas anheben: Bei Menschen, die unter Knochenschwund (Osteoporose) leiden, können bereits kleine Anlässe zu einem Knochenbruch führen. Am häufigsten betroffen sind die Wirbel mit fast 50 Prozent aller osteoporosebedingten Brüche. Eine neue Klassifizierung hilft, die richtigen Therapieentscheidungen zu treffen.

Nicht immer verursacht ein Wirbelbruch starke Schmerzen. Ist der Knochen durch eine Osteoporose bereits geschädigt, bemerken die Betroffenen das Geschehen unter Umständen gar nicht sofort. Woran aber lässt sich erkennen, wann es Zeit ist, sich in Behandlung zu begeben? „Bei einem Rückenschmerz, der nicht auf einen Unfall zurückzuführen ist, raten wir, zum Arzt zu gehen, wenn sich der Schmerz nach einer Woche trotz Schmerzmittel nicht verbessert oder sogar verschlimmert“, erklärt Dr. Sebastian Katscher, leitender Arzt Orthopädie / Unfallchirurgie am Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrum.

„Unverzüglich sollten Betroffene jedoch den Arzt aufsuchen, wenn neurologische Ausfälle hinzukommen. Sie sind ein Zeichen dafür, dass Nerven gedrückt werden.“ Betroffene bemerken dann zum Beispiel, dass es schwerfällt, Treppen zu steigen, weil die Beine schwach sind, oder dass sie Stuhlgang oder Harn nicht mehr kontrollieren können. Am Anfang der Behandlung steht eine umfassende Diagnostik. Dazu gehören neben der Krankengeschichte und den Beschwerden des Patienten die körperliche Untersuchung und bildgebende Verfahren. 

Was ist eigentlich Osteoporose?

Die Osteoporose wird umgangssprachlich auch als Knochenschwund bezeichnet. Sie ist eine Stoffwechselerkrankung der Knochen, in deren Folge die Knochendichte abnimmt. Das Risiko, daran zu erkranken, steigt aufgrund der hormonellen Veränderungen insbesondere bei Frauen nach der Menopause und Menschen ab dem 65. bis 70. Lebensjahr. Weitere Risikofaktoren sind langjährige Cortisonbehandlungen und chronischer Alkoholmissbrauch. Eine Folge der Osteoporose können Knochenbrüche sein, ohne dass es einen adäquaten Anlass gibt, wie etwa einen Unfall. Besonders betroffen sind neben den Wirbeln der Oberschenkelhals, Handgelenk, Oberarmkopf und das Kreuzbein im Becken.

Diagnostische Verfahren wie Röntgen, Computertomographie und MRT zeigen uns nicht nur, ob und wie der Wirbel gebrochen ist, sie vermitteln auch einen ersten Eindruck über die Beschaffenheit des Knochens“, sagt Dr. Katscher. „Gibt es Anzeichen auf eine Osteoporose, wird die Knochendichte durch eine Knochendichtemessung ermittelt.“ Menschen, die einen osteoporosebedingten Wirbelbruch erleiden, sind aus mehreren Gründen besondere Patienten. Für ein nachhaltig positives Behandlungsergebnis muss neben der Verletzung auch die Grunderkrankung Osteoporose behandelt werden. Hinzu kommt, dass viele Patienten älter sind und unter Begleiterkrankungen leiden, die die Therapieentscheidung beeinflussen.

Erkrankungen der Wirbelsäule lösen eine Vielzahl von Beschwerden aus. Durch die Zusammenarbeit der unterschiedlichen medizinischen Fachbereiche kann Patient:innen individuell und vielfältig geholfen werden.

Bestmögliche Therapieentscheidung mit neuer Klassifikation

Die Diagnose Wirbelbruch löst bei vielen Menschen die Befürchtung aus, gelähmt zu werden. In der Tat ist das Rückgrat ein sehr sensibles Gebiet. Die Knochen der Wirbelsäule schützen das Rückenmark – einen kräftigen Nervenstrang, der Teil des zentralen Nervensystems ist. Zwischen den Wirbeln treten Nerven aus, die ein jeweils zugewiesenes Körpergebiet versorgen. Sie leiten Empfindungen an das Gehirn weiter und geben die Bewegungsimpulse aus dem Gehirn an die Muskulatur zurück. Eine Behandlungsempfehlung will also mit großer Sorgfalt und erst nach der Zusammenschau aller Befunde ausgesprochen werden.

Damit das bestmöglich gelingt, hat sich im Jahr 2011 die Arbeitsgruppe Osteoporotische Wirbelbrüche gegründet. Spezialistinnen und Spezialisten aus unfallchirurgisch-orthopädischen Kliniken in ganz Deutschland treffen sich regelmäßig mehrmals im Jahr, um die Behandlungsergebnisse osteoporosebedingter Wirbelbrüche wissenschaftlich aufzuarbeiten und die Therapieempfehlungen zu verbessern. „Wir haben in den vergangenen Jahren zunächst mehr als 700 Patientenfälle analysiert und daraus eine aussagekräftige neue Kategorisierung für die osteoporosebedingten Wirbelfrakturen entwickelt“. erzählt Dr. Katscher.

Die Klassifikation unterscheidet zunächst fünf verschiedene Frakturtypen, die sich anhand der Bildgebung (Röntgen, CT, MRT) identifizieren lassen. Diese Typisierung wird ergänzt durch ein Punktesystem, das die konkreten Beschwerden des Patienten erfasst. Dazu gehören unter anderem Schmerzen, eingeschränkte Mobilität, neurologische Ausfälle, geringe Knochendichte und Begleiterkrankungen wie etwa eine Herzschwäche. All diese Informationen ermöglichen es nun, eine Behandlungsempfehlung auszusprechen, die die Gesamtsituation des Patienten und das Potenzial der aktuellen Therapieverfahren berücksichtigt. Das Spektrum möglicher Behandlungsansätze reicht von der Physiotherapie und der medikamentösen Osteoporosebehandlung bis hin zu verschiedenen Operationsverfahren.

Was ist eigentlich ein Witwenbuckel?

Der Rundrücken – der mit dieser eher uncharmanten Bezeichnung gemeint ist – entsteht, wenn mehrere Wirbelkörper der Brustwirbelsäule brechen und keilförmig zusammensinken. Die Wirbelsäule verkürzt und verkrümmt sich. Damit verkleinert sich gleichzeitig das Volumen des Brustkorbes, wodurch Atmung und Herz-Kreislauf-Funktion beeinträchtigt werden können. Rechtzeitig und gezielt behandelt lässt sich der Rundrücken im Alter vermeiden.


Übungen zur Rückenstärkung

1. Beckenschaukel

Setzen Sie sich auf einen Stuhl. Positionieren Sie die Beine hüftbreit auseinander, Knie- und Hüftgelenke sollten rund 90 Grad gebeugt sein. Ihr Blick ist nach vorn gerichtet. Richten Sie langsam Ihr Becken auf und kippen Sie es wieder. 3 Mal à 10 Wiederholungen.

2. Aufrichten und kräftigen

Spannen Sie den Beckenboden an; ziehen Sie die Schulterblätter zur Wirbelsäule. Heben Sie beide Arme vor den Körper, Handflächen nach oben. Führen Sie die Arme nach außen. Am Ende der Bewegung darf kein Hohlkreuz entstehen. 3 Mal à 5–10 Wiederholungen.

3. Dynamischer Einbeinstand

Stellen Sie vier Plastikbecher im Kreis auf 3, 6, 9 und 12 Uhr auf. Verlagern Sie Ihr Gewicht zunächst auf das linke Bein und pendeln Sie mit dem rechten Bein je drei Mal im Uhrzeigersinn zu den verschiedenen Uhrzeiten. Wechseln Sie das Standbein und wiederholen Sie die Übung.


Muskeln aufbauen und Knochen stärken

Es muss nicht immer operiert werden: Ist eine nichtoperative, sogenannte konservative Therapie ausreichend, stehen die Physiotherapie und eine medikamentöse Behandlung der Osteoporose auf dem Plan. Die medikamentöse Behandlung basiert auf der Gabe von Vitamin D, Kalzium und spezifischen Präparaten gegen den weiteren Knochenabbau bzw. für den Knochenaufbau. In der Physiotherapie liegt der Schwerpunkt auf einem rückengerechten Alltagsverhalten und der Stärkung des natürlichen Muskelkorsetts durch spezifische aktive Übungen. Sie zielen darauf, die Wirbelsäule zu entlasten und zu stabilisieren. Bewegung und Sport sind auch langfristig wichtig, denn sie sorgen gemeinsam mit dem Sonnenlicht dafür, dass Kalzium in die Knochen eingebaut wird und die Knochen wieder bruchfester werden. Der Heilungsprozess dauert circa 6–12 Wochen und wird in regelmäßigen Kontrolluntersuchungen ärztlich begleitet.

Moderne, schonende OP-Verfahren bei Wirbelbrüchen

Ist die Operation die Therapie der ersten Wahl oder versagt die konservative Behandlung, weil der gebrochene Wirbel durch die osteoporosebedingte verminderte Knochenqualität immer weiter zusammenbricht, stehen schonende minimalinvasive Verfahren zur Verfügung. Welches Vorgehen das bestmögliche Behandlungsergebnis verspricht, hängt von der individuellen Situation ab. Auch hierzu lassen sich aus dem neuen Klassifikationssystem Empfehlungen ableiten. Manchmal reicht es, den gebrochenen Wirbel mit Zement aufzufüllen und zu stabilisieren.

Ist die knöcherne Wand, die den Wirbelkanal und damit das Rückenmark schützt, in größerem Ausmaß betroffen, wird eine Überbrückung des gebrochenen Wirbels notwendig. Dafür kann ein sogenannter Fixateur interne eingesetzt werden, der hilft, den betroffenen Abschnitt der Wirbelsäule zu stabilisieren. Auch diese Operation kann heutzutage in muskelschonender „Schlüssellochtechnik“ über kleine Schnitte durchgeführt werden. Die dabei eingesetzten Schrauben werden dann im Wirbel einzementiert, so dass sie auch bei verminderter Knochenqualität sicheren Halt finden. So gut die Möglichkeiten der operativen Therapie sind, ohne eine Behandlung der Grunderkrankung Osteoporose, ohne eine Physiotherapie und einen mobilen, gesunden Lebensstil kommt auch dieser Behandlungsweg nicht aus.


Wirbelkanalverengung — Wenn Fahrradfahren leichter fällt als Laufen

Die Verengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose) ist Folge eines Alterungsprozesses, der an den Bandscheiben beginnt: Die Bandscheiben sind faserknorpelige Scheiben zwischen den Wirbeln. Durch ihren hohen Wassergehalt wirken sie wie Stoßdämpfer. Mit dem Älterwerden sinkt allerdings der Wassergehalt in den Bandscheiben. Sie verlieren an Spannkraft, Elastizität und Höhe. In der Folge schrumpft der Abstand zwischen den Rückenwirbeln. Die Bänder, die in jungen Jahren die Wirbelkörper straff verbunden haben, lockern sich und stülpen sich nach innen. Gleichzeitig verliert die Wirbelsäule an Stabilität und der Druck auf die Knochen steigt.

Bei normal weitem Spinalkanal sind im Querschnitt die Nervenfasern einzeln im Nervenwasser (Liquor) zu erkennen. Bei engem Spinalkanal (Spinalkanal­stenose) sind die Nervenfasern nicht mehr abgrenzbar.
Leider lässt sich die Wirbelkanalverengung kaum über den Lebensstil beeinflussen oder gar verhindern. In Bewegung bleiben zahlt sich aber dennoch aus: Denn aktive Menschen mit einem gesunden Lebensstil verfügen über größere Ressourcen, schnell wieder gesund zu werden.

Um dieser wachsenden Belastung der Wirbelsäule etwas entgegenzusetzen, baut der Körper Knochenmasse an den Wirbelkörpern und -gelenken auf. Die Knochenmasse und die nach innen gestülpten Bänder verengen den Wirbelkanal und bedrängen die Nerven. Können die Nerven in dem verengten Wirbelkanal nicht mehr gleiten, treten in der Regel Schmerzen auf. Die Beschwerden sind vor allem im Stehen und Gehen zu spüren, was dazu führt, dass sich die Gehstrecke aufgrund der Beschwerden merklich verkürzt. Viele Patienten berichten, dass ihnen das Fahrradfahren leichter fällt und sie deshalb fast jeden Weg, den sie zuvor gelaufen sind, nun mit dem Fahrrad bewältigen. Der Hintergrund ist, dass die leicht nach vorn gebeugte Haltung entlastet und den Wirbelkanal ein wenig öffnet.

Die Therapie beim Wirbelbruch richtet sich nach Ziel des Patienten

Wie auch bei einem Wirbelbruch stellt sich bei diesen Beschwerden zunächst die Frage, ob eine nichtoperative Therapie Linderung verschaffen kann. „Manchmal lässt sich durch eine muskuläre Stabilisierung und die Verbesserung von Fehlhaltungen ein Wirbelsegment so entlasten, dass die Nerven wieder ein bisschen mehr Spielraum haben“, sagt Dr. Jochen Helm, leitender Arzt Neurochirurgie im Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrum. Führt die nichtoperative Behandlung allerdings nicht zu einer Verbesserung, wird ein operatives Vorgehen erwogen. „Die konkrete Therapieentscheidung hängt stark davon ab, was der Patient möchte.

Viel Individualität in der Behandlung von Rückenerkrankungen

Wer im Leben sehr aktiv ist und zum Beispiel nicht mehr mit seiner Gruppe wandern gehen kann, weil nach einem Kilometer die Schmerzen zu groß werden, wird schneller einen großen Leidensdruck entwickeln als jemand, der kaum das Haus verlässt“, so Dr. Helm weiter. Wie der Eingriff ganz genau aussieht, ist von Patient zu Patient unterschiedlich und hängt von der individuellen gesundheitlichen Situation ab. Im Grundsatz geht es darum, das nach innen gestülpte Band- und einen Teil des Knochengewebes abzutragen, um den Wirbelkanal wieder zu eröffnen. Die Operation kann minimalinvasiv unter dem OP-Mikroskop durchgeführt werden. Besteht eine begleitende, funktionell bedeutsame Instabilität im verengten Wirbelsäulensegment, ist neben der Erweiterung des Wirbelkanals auch eine Stabilisierung / Versteifung in dem kranken Bereich erforderlich.

Auch nach dieser Operation steht schon kurz nach dem Eingriff die Physiotherapie auf dem Programm. Aufstehen, Treppensteigen, rückengerechtes Verhalten im Alltag.


Interdisziplinäres Wirbelsäulenzentrum – Starker Rücken. Starke Nerven.

Am Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrum und in der Abteilung Neurotraumatologie kooperieren Spezialistinnen und Spezialisten der Orthopädie, Unfall- und Neurochirurgie, des Instituts für Diagnostische und Inter-ventionelle Radiologie/Neuroradiologie und des Instituts für therapeutische Medizin.

Sie verknüpfen operative und nichtoperative Therapieverfahren zu einem individuellen Behandlungsplan und begleiten die Patienten und Patientinnen vom Erstkontakt bis in die Rehabilitation und Nachsorge.

Wir werden unserem bisherigen Anspruch, jedem Patienten eine auf seine persönliche Situation zugeschnittene Behandlung und Betreuung zu ermöglichen, natürlich weiterhin treu bleiben.

Dr. Sebastian Katscher

Dr. med. Jochen Helm, leitender Arzt Neurochirurgie des Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrums, Kaja Untiedt, stellvertretende Institutsleitung therapeutische Medizin, Dr. med. Sebastian Katscher, leitender Arzt Orthopädie / Unfallchirurgie des Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrums, Dr. med. Torsten Hantel, kommissarischer Chefarzt, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie / Neuroradiologie

(v. l. n. r.)

Was verbirgt sich hinter dem Ausbau des Wirbelsäulenzentrums?

Dr. Katscher: Die Umstrukturierung wurde notwendig, nachdem beschlossen worden war, die Klinik für Kopf- und spinale Mikrochirurgie zu schließen, da sie trotz der jahrelang von Patienten, Fachkollegen und Krankenkassen anerkannten medizinisch hervorragenden Arbeit leider nicht in den Krankenhausplan des Freistaates Sachsen aufgenommen wurde. Wir haben dann überlegt, wie wir im Sinne einer guten Patientenversorgung die Leistungen unserer erfahrenen neurochirurgischen Kolleginnen und Kollegen am Klinikum halten können. Immerhin arbeiten wir im Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrum seit zehn Jahren sehr kooperativ und auf hohem Niveau zusammen. Es lag also nahe, die neurochirurgische Expertise im Wirbelsäulenzentrum zu erhalten und gleichzeitig neurochirurgische Spezialleistungen in das Zentrum zu integrieren, die unabhängig von der Wirbelsäule sind.

Was bedeutet die Erweiterung des Zentrums für die Patient:innen mit Wirbelsäulen-Leiden?

Dr. Helm: Der Schwerpunkt des Zentrums bleibt die Behandlung von Verschleißerkrankungen – wie z. B. Bandscheibenvorfällen, Spinalkanalstenosen, degenerativen Instabilitäten wie Wirbelgleiten und altersbedingten Skoliosen – sowie Verletzungen, Entzündungen und Tumoren an der Wirbelsäule. Hinzugekommen ist die Neurotraumatologie. Das bedeutet, wir behandeln darüber hinaus Patienten mit akuten Schädelverletzungen, die zum Beispiel eine Blutung im Gehirn erlitten haben, oder Patienten mit einer Verletzung peripherer Nerven, also von Nerven außerhalb von Rückenmark und Gehirn.

Natürlich gehören weiterhin die Diagnostik und Operationen bei sogenannten Nervenengpasssyndromen mit dazu – zum Beispiel Karpaltunnelsyndrom und Sulcus-ulnaris-Syndrom. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir die Kompetenz und die Erfahrung dafür bereits seit vielen Jahren am Bornaer Klinikum haben und die Fachärztinnen und Fachärzte die neuesten Standards und Behandlungstechniken ihrer Disziplin seit jeher aus ihren Fachgesellschaften in die Klinikarbeit einbringen.

Dr. Katscher: Die Integration der Neurotraumatologie stärkt darüber hinaus das Regionale Traumazentrum am Klinikum und die Klinik für Neurologie mit dem überregionalen Schlaganfallzentrum (Stroke Unit). Für diese Fachbereiche bleiben durch die Umstrukturierung die neurochirurgischen Leistungen ebenso erhalten. Auch das war ein wichtiger Punkt in den Überlegungen.

Sie sind die neuen leitenden Ärzte des Interdisziplinären Wirbelsäulenzentrums und der Neurotraumatologie. Was haben Sie sich vorgenommen?

Dr. Katscher: Das Interdisziplinäre Wirbelsäulenzentrum hat sich in den vergangenen Jahren einen guten Ruf in der Region erarbeitet. Wir haben von Beginn an darauf geachtet, nicht nur klinikintern mit den benachbarten Fachrichtungen konstruktiv zusammenzuarbeiten, sondern auch ambulant gut aufgestellt zu sein. Das ist uns schrittweise über ein sich weiterentwickelndes Netz an Spezialsprechstunden in Markkleeberg, Geithain, Altenburg, Grimma und Rochlitz gut gelungen. Dort arbeiten dieselben Kollegen wie hier am Zentrum.

Das bedeutet, Patienten können in ihrer gesamten Behandlungsgeschichte von einem Arzt betreut werden, der sie zunächst ambulant, mit nicht-operativen Methoden therapiert; wenn es notwendig wird, bei uns im Zentrum operiert und dann auch die Nachsorge übernimmt. Das kommt meiner Idealvorstellung von Medizin schon ziemlich nahe. Natürlich behandeln wir auch Patienten, die von anderen, niedergelassenen Kollegen überwiesen werden. In diesem Fall fungieren wir als Spezialisten für die Wirbelsäule. Wir übernehmen die Operation, die Akutversorgung und die Nachkontrollen, immer mit dem Ziel, die Patienten gut versorgt an ihre Haus- oder Fachärzte zurückzuüberweisen. Wir werden unserem bisherigen Anspruch, jedem Patienten eine auf seine persönliche Situation zugeschnittene Behandlung und Betreuung zu ermöglichen, natürlich weiterhin treu bleiben.

Ist eine solche Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung auch für die Neurotraumatologie geplant?

Dr. Helm: Natürlich, sie ist nicht nur geplant, sondern wird in gewohnter und bewährter Weise fortgeführt. An vier der genannten Standorte – in Borna, Markkleeberg, Grimma und Rochlitz – sind wir als neurochirurgische Kassenärzte tätig. Mit anderen Worten: Wir decken dort die Nachsorge der neurotraumatologischen Patienten und darüber hinaus das gesamte Feld der Neurochirurgie nach wie vor ab. Wir beraten also einerseits neue Patienten und betreuen weiterhin die zahlreichen im Laufe der Jahre in Borna operierten Patienten mit Erkrankungen wie Hydrocephalus, Hypophysenerkrankungen und Hirntumoren weiter.

Angepasst an die gesundheitliche Situation eines Patienten stehen operative und nicht-operative Therapieverfahren zur Verfügung. Zu den nicht-operativen Behandlungen gehören zum Beispiel die Akutschmerztherapie (z. B. Physiotherapie und Injektionen), komplexe orthopädische Schmerztherapie (ANOA) oder die multimodale Schmerztherapie. Sollte eine Operation erforderlich sein, können die erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen auf spezifische Verfahren wie zum Beispiel mikrochirurgische Techniken unter Mikroskop, endoskopische OP-Verfahren an Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie Neuromonitoring und Navigation zurückgreifen.

Behandlungsschwerpunkte des fachübergreifenden Wirbelsäulenzentrums im Leipziger Land:

  • Erkrankungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule
  • Degenerative Veränderungen (z. B. Bandscheibenvorfall, Spinalkanalstenose, Wirbelgleiten)
  • Verletzungen der Wirbelsäule bei knochengesunden Patienten und bei Osteoporose
  • Entzündungen der Wirbelsäule (rheumatische Instabilitäten, Spondylodiszitis, epidurale Abszesse)
  • Instabilitäten der Wirbelsäule sowie Rückenmarks- und Nervenkompression durch Tumoren
  • Rückenmarksstimulation bei chronischen Schmerzen (Spinal Cord Stimulation, SCS)
  • Nervenengpasssyndrome (Karpaltunnelsyndrom, Sulcus-ulnaris-Syndrom)

Unsere Experten für Ihre Rückengesundheit

Portrait: Dr. med. Sebastian Katscher

Dr. med. Sebastian Katscher
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirurgie, Spezielle Unfallchirurgie, Sportmedizin
Chefarzt Orthopädie & Unfallchirurgie | Interdisziplinäres Wirbelsäulenzentrum und Neurotraumatologie
Telefon 03433 21-2481
sebastian.katscher@sana.de


Porträt Dr. med. Jochen Helm Facharzt für Neurochirurgie

Dr. med. Jochen Helm
Facharzt für Neurochirurgie
Chefarzt Neurochirurgie | Interdisziplinäres Wirbelsäulenzentrum und Neurotraumatologie
Telefon 03433 21-2481
jochen.helm@sana.de

Stand: 27.02.2024

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