Obstruktive Schlafapnoe: Welche Vorteile bringt die alternative Behandlung mit einem Zungenschrittmacher?

Unsere neuartige Therapie mit dem Zungenschrittmacher kann die Lebensqualität der Patient:innen deutlich verbessern. Die Therapie wird als Alternative zu herkömmlichen Ansätzen bei mittlerer bis schwerer obstruktiver Schlafapnoe (15-50 Atemaussetzer pro Stunde) und fehlenden anatomischen Auffälligkeiten von der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung empfohlen.

Schlafapnoe: Höheres Risiko von Schlaganfall und Herzinfarkt

Die Betroffenen selbst bemerken die Atemaussetzer in der Regel nicht. Meist sind es die Lebenspartner:innen, die das Schnarchen, das mit dieser Erkrankung einhergeht, um den Schlaf bringt. Was die Betroffenen aber spüren, sind die Folgen eines dauerhaft gestörten Schlafs. So war es auch bei Christa Piasta. „Ich war immer sehr müde und abgeschlagen tagsüber“, berichtet sie. Allerdings konnte sie sich nicht erklären, woher die Müdigkeit kommt, und sah daher auch keine Veranlassung, zum Arzt zu gehen. Dass sie an einer Schlafapnoe leidet, fiel erst auf, als sie im Herbst 2020 mit einer schweren Lungenentzündung und Verdacht auf eine Coronainfektion ins Krankenhaus kam. Der Verdacht hat sich zwar nicht bestätigt, aber im Rahmen umfassender Untersuchungen stellten die Klinikärzte/Klinikärztinnen eine Herzrhythmusstörung fest, und verlegten Christa Piasta für die weitere Diagnostik an die Sana Kliniken Leipziger Land. 

Die obstruktive Schlafaponoe ist eine schlafbezogene Atemstörung. Der Begriff setzt sich zusammen aus dem lateinischen Begriff: obstruere = verschließen und griechisch: apnoia = Nicht-Atmung. Während des Schlafes kommt es wiederholt zu einer Behinderung oder dem kompletten Aussetzen der Atmung. Die Ursache liegt in einer Verengung des Rachenraums infolge der durch den Schlaf erschlafften Muskulatur der Zunge.

Patientin Christa Piasta im Gespräch mit Professor Dr. Thomas Wilhelm, Chefarzt und Dr. Petar Stanković, Leitender Oberarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohren Heilkunde

Nächtliche Atemaussetzer stören den gesunden Schlaf

Die Patientin erinnert sich: „In Borna haben sie mich von Kopf bis Fuß untersucht und im Schlaflabor festgestellt, dass ich eine Schlafapnoe habe“. Leider zeigten sich auch weitere Befunde. So ergaben die Untersuchungen, dass die Patientin in der Vergangenheit einen Herzinfarkt und ein Schlaganfall erlitten haben muss. Ob die Schlafapnoe dafür verantwortlich war, lässt sich im Nachhinein nicht mehr rekonstruieren.

Das Risiko ist aber bekannt: „Nächtliche Atemaussetzer stören nicht nur den gesunden Schlaf und führen zu Tagesmüdigkeit und Erschöpfung. Kardiologen und Schlafmediziner gehen von einem erhöhten Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und auch für eine Demenz aus. Zudem sehen wir bei vielen Patienten neben der Schlafapnoe weiteren Risikofaktoren für Infarkte wie einen arteriellen Bluthochdruck und Vorhofflimmern“, bestätigt Dr. Uwe Müller, stellvertretender Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Klinikum Borna.“


Folgende Symptome sind typisch für die obstruktive Schlafapnoe

  • lautes Schnarchen (meistens) 
  • Tagesmüdigkeit (fast immer) 
  • unruhiger Schlaf, Schlafstörungen 
  • Kopfschmerzen am Morgen 
  • Konzentrationsschwäche 
  • Leistungsabfall 
  • depressive Verstimmungen (häufiger bei Frauen) 

Aufgrund der Vielzahl an Symptomen wird die Erkrankung häufig gar nicht oder erst sehr spät diagnostiziert. Ohne eine adäquate Behandlung erhöht sich das Risiko für Betroffene deutlich, Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen oder Diabetes Typ II zu entwickeln oder einen Schlaganfall zu erleiden.3,4 Die Vielzahl an Folgeerkrankungen ist nicht verwunderlich, denn: Die nächtlichen Atemaussetzer sind für den Körper purer Stress, der den Hormonhaushalt empfindlich durcheinander bringen kann. Die häufig auftretende Tagesschläfrigkeit erhöht zudem das Risiko für einen Sekundenschlaf und daraus resultierende Verkehrs- und Arbeitsunfälle.5 Die Lebensqualität der Betroffenen ist deutlich eingeschränkt.


Einige bekommen Panikattacken unter der Maske, andere haben noch am nächsten Tag Druckstellen im Gesicht.

Zungenschrittmacher − eine Alternative zur CPAP-Schlafmaske

Die häufigste Therapie bei einer obstruktiven Schlafapnoe ist die Überdruckbeatmung über eine CPAP-Maske. Sie hält die Atemwege offen und sorgt für eine ausreichende Sauerstoffversorgung. Auch wenn die Therapie mit der Atemmaske gewöhnungsbedürftig ist, ist sie für viele Menschen bereits eine große Hilfe. Manchmal aber finden Betroffene mit Maske keinen erholsamen Schlaf. Bei Christa Piasta war es so. „Die kleine Maske rutschte mir in den Mund und auch die große verschob sich immer. Ich hab die Maske nur kurz getragen“, erzählt sie. Für Betroffene wie sie gibt es an den Sana Kliniken Leipziger Land nun eine Behandlungsalternative zur CPAP-Maske: den Zungenschrittmacher.


Wer ist für die Zungenschrittmacher-Therapie geeignet?

  • die unter einer mittleren bis schweren obstruktiven Schlafapnoe leiden.
  • bei denen eine CPAP-Therapie nicht ausreichend wirkt oder denen die Maske Problemebereitet.
  • die nicht stark übergewichtig sind (der BMI sollte nicht über 35 sein).
  • die nicht unter schweren neuromuskulären Erkrankungen leiden.
  • die unter keinen anderen Schlaferkrankungen wie z. B. Narkolepsie leiden.

Letzten Endes entscheidet unser Experten-Team am Sana Klinikum in Borna, bestehend aus Schlafmedizinern und HNO-Experten, welche Behandlungsmethode für die Patient:innen geeignet ist. 


„Der Zungenschrittmacher ist ein Neurostimulator“, erklären Professor Dr. Thomas Wilhelm, Chefarzt der HNO-Klinik, und Dr. Petar Stanković, Leitender Oberarzt und Facharzt für HNO-Heilkunde. „Über ihn werden kontrolliert Impulse an den Zungennerv weitergeben. Sie führen zu einer gezielten Muskelanspannung und verhindern, dass die Zunge im Schlaf nach hinten fällt und die Atmung behindert.“ Der Impulsgeber lässt sich mit einer Art Fernbedienung ein- und ausstellen. Um dem Zungenschrittmacher einzusetzen, ist eine Operation notwendig, die mit einem kurzen stationären Aufenthalt verbunden ist.

Geeignet ist das Verfahren für Patienten, die stark betroffen sind, das heißt, die zahlreiche Atemaussetzer bzw. Ereignisse starker Atemeinschränkung pro Stunde erleiden. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Ursache für die Atemaussetzer im Erschlaffen der Zunge liegt. Zudem ist die Behandlung Patienten vorbehalten, die eine Maskenbeatmung nicht tolerieren, wie es bei Christa Piasta der Fall war. Nicht zu Letzt wird im Rahmen einer Schlafendoskopie vor dem Eingriff sichergestellt, dass die anatomischen Voraussetzungen für den Einsatz eines Zungenschrittmachers gegeben sind und der Patient von der Therapie auch tatsächlich profitieren wird.

Mittels Fernbedienung wird der implantierte Zungenschrittmacher durch die Patientin bedient.

95 Prozent der Patient:innen bevorzugen den Zungenschrittmacher gegenüber der CPAP-Maske

Für Christa Piastas Situation war die Implantation eines Zungenschrittmachers angezeigt. Ihr Eingriff liegt bereits einige Wochen zurück. Der implantierte Zungenschrittmacher ist mittlerweile gut eingeheilt. Die Patientin ist nun in der Phase der Therapieanpassung. Das bedeutet, es wird zunächst ausgelotet, welche Reizstufe den gewünschten Effekt bringt und Atemaussetzer zuverlässig verhindert.

Der Eingewöhnungsprozess selbst dauert circa zwei bis vier Wochen. In dieser Zeit wird die Reizstärke des Zungenschrittmachers stufenweise erhöht, bis der Zielwert erreicht und auch toleriert wird. Christa Piasta ist bereits bei Reizstufe 8 von 10. Am Ende des Eingewöhnungsprozesses sollte die Patientin nachts optimal atmen und nichts mehr von der Stimulation bemerken. Abschließend wird das System noch einmal in einem Schlaflabor überprüft und bei Bedarf nachjustiert. Die jährlichen Nachkontrollen übernehmen dann der behandelnde Schlafmediziner und der HNO-Arzt. Christa Piasta ist bereits jetzt mit ihrem Zungenschrittmacher sehr zufrieden und auch die Tagesmüdigkeit ist verschwunden. Diese Erfahrung machen viele Betroffene. Einernumfangreichen Befragung mit über 2000 Patienten zufolge bevorzugen 95% den Zungenschrittmacher gegenüber der Überdruckbeatmung.

Männer schnarchen öfter

Insgesamt leiden ungefähr 2 % bis 3 % der Bevölkerung an einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom. Männer sind dabei häufiger betroffen als Frauen: unter den 40- bis 60-Jährigen sind es 20 Prozent, unter den 65-70-Jährigen schon bis zu 60 Prozent der Männer. Frauen bleiben aufgrund anatomischer Unterschiede im Halsbereich lange verschont. Nach der Menopause allerdings verringern sich die Unterschiede.

Eine neue Behandlungsmöglichkeit stellt die Zungenschrittmacher Therapie dar: Das ist eine innovative Alternative für Patient:innen mit mittlerer bis schwerer OSA 5 (15–50 Atemaussetzer pro Stunde), die eine klassische Therapie mit Beatmungsmaske nicht vertragen oder mit dieser nicht behandelt werden können. Bei diesem Therapieansatz wird der Zungennerv durch elektrische Impulse atemsynchron stimuliert, sodass der Zungenmuskel nicht erschlafft und die damit verbundenen Atemaussetzer ausbleiben. 

 Die Zungenschrittmacher Therapie – Trotz obstruktiver Schlafapnoe endlich wieder durchschlafen 

Das Therapie System des Zungensschrittmachers besteht aus einem Atemsensor und einer Stimulationselektrode, die von einem kleinen Generator betrieben wird. Es misst kontinuierlich den Atemrhythmus des Patienten im Schlaf und passt sich der natürlichen Atemfrequenz an. Bei der Einatmung wird die Zungenmuskulatur – genauer gesagt der Zungennerv (N. Hypoglossus) – durch eine Elektrode stimuliert. Dadurch wird verhindert, dass die Zunge im Schlaf erschlafft, zurückfällt und die Atemwege verschließt. So kann die Luft ungehindert in die Lunge strömen.

Der Betroffene schaltet das Zungensschrittmacher System mit einer Fernbedienung per Knopfdruck vor dem Zubettgehen ein und am Morgen nach dem Erwachen wieder aus. Atemaussetzer sowie weitere Symptome der obstruktiven Schlafapnoe, wie z. B. Schnarchen, treten nach der Behandlung mit der Zungensschrittmacher Therapie dann seltener auf. 

Die Behandlung im Leipziger Land mit der Zungensschrittmacher Therapie läuft in vier eng aufeinander abgestimmten Phasen ab, um den Betroffenen von Schlafapnoe den optimalen Therapieerfolg zu ermöglichen. 

1. Voruntersuchung: Unsere speziell geschulten Ärztinnen und Ärzte beraten den Betroffenen in einem Erstgespräch. Mit Hilfe schlafmedizinischer Untersuchungen überprüft die Ärztin/der Arzt anschließend die Eignung des Betroffenen für die Zungensschrittmacher Therapie, unter anderem durch eine nächtliche Schlafmessung im Schlaflabor. Sind die Untersuchungen erfolgreich, vereinbaren Arzt und Betroffener einen Termin für die Implantation des Zungenschrittmachers.

2. Implantation: Das Zungensschrittmacher System wird dem Betroffenen während eines kurzen stationären Aufenthalts von 3 bis 5 Tagen im Sana Klinikum Borna (Leipziger Land) eingesetzt. Der Eingriff erfolgt unter Vollnarkose minimal-invasiv, d. h. nicht über eine Operation mit großer Wundöffnung, sondern über lediglich zwei bis drei kleine Schnitte an Hals und Brustkorb. Noch am Tag der Implantation kann der Patient in der Regel normal essen und sprechen. Die vollständige Einheilung des Systems dauert etwa 2-4 Wochen.

3. Aktivierung: Sobald der Zungenschrittmacher vollständig eingeheilt ist, folgt die individuelle Therapieanpassung. In diesem Schritt aktiviert der behandelnde Arzt den Zungenschrittmacher mit Werten, die auf den Betroffenen abgestimmt sind, und gibt dem Patienten eine umfassende Einführung in die Bedienung des Zungenschrittmacher Systems. Danach kann der Patient den Zungenschrittmacher über eine Fernbedienung abends ein- und morgens wieder ausschalten, die Stimulation anpassen und sich langsam an das neue System gewöhnen. Die meisten Patienten benötigen ein paar Nächte, um sich an das Inspire System zu gewöhnen und bemerken dann nichts mehr von der Stimulation. Nach der Eingewöhnungsphase von rund 3 Monaten wird das Inspire System im Schlaflabor in einer Einstellungsnacht individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst und bei Bedarf nachjustiert.

4. Nachsorge: Die Nachsorge erfolgt einmal jährlich bei dem behandelnden Schlafmediziner oder HNO-Arzt. Bei der ausführlichen Kontrolle werden Batteriestatus und Nutzung des Zungenschrittmacher Systems überprüft und die Therapie gegebenenfalls angepasst. 

Die Wirksamkeit der Zungenschrittmacher Therapie wurde in Studien hinreichend belegt: 

  • 79 % Reduktion der nächtlichen Atemaussetzer durch den Zungenschrittmacher von Inspire. Die Lebens- und Tagesaktivität der Betroffenen verbessert sich nachweislich.
  • 90 % der Bettpartner berichten von keinem oder nur noch leichtem Schnarchen.
  • 94 % der Betroffenen geben an, mit der Inspire Therapie zufrieden zu sein.
  • 80 % der Betroffenen nutzen das Inspire Therapie System konsequent jede Nacht.

 

Quellen: Woodson, BT, Strohl, K P, Soose, R J et al. Upper Airway Stimulation for Obstructive Sleep Apnea: 5-Year Outcomes. Otolaryngology–Head and Neck Surgery 2018; 159(1):194–202, Heiser C, Steffen A, Boon M et al. Post-approval upper airway stimulation predictors of treatment effectiveness in the ADHERE registry. Eur Respir J 2019; 53(1):1801

Was, wenn die Atemmaske bei Schlafapnoe nicht weiterhilft?

Für viele Menschen im Leipziger Land, die unter nächtlichen Atemaussetzern leiden, ist die Überdruckbeatmung mithilfe einer Atemmaske eine große Hilfe. Manchmal aber finden Betroffene trotzdem nicht in den Schlaf. Für sie gibt es nun eine Behandlungsalternative: den Zungenschrittmacher. Was es damit auf sich hat, darüber sprechen der HNO-Chefarzt Professor Dr. Thomas Wilhelm und der Leitende Oberarzt Dr. Petar Stanković.


Weitere Alternativen zur Maske und dem Zungenschrittmacher:

Unsere Experten im Leipziger Land beraten Sie gern und erstellen einen individuellen Behandlungsplan, um Ihnen bestmöglich helfen zu können.

  • Unterkieferprotrusionsschiene: Sie verlagert den Unterkiefer beim Schlafen nach vorn und erweitert so die Atemwege.
  • Rückenlageverhinderung: Spezielle Westen oder ein Schlafpositionstrainer verhindern, dass sich der Schläfer auf den Rücken dreht.
  • Federimplantate im Zungengrund: Um die Zunge nachts zu stabilisieren, können stäbchenförmige Implantate in den Zungengrund eingesetzt werden, die winzige Federn enthalten. Nach der Implantation löst sich der Mantel des Implantats auf und gibt die Federn frei, die sich entfalten und die Zunge straffen, sodass diese nicht mehr in den Rachen zurückfallen kann. Dieses Verfahren ist vor allem für jüngere Patienten mit leichter bis mittelgradiger Schlafapnoe (maximal 40 Atemaussetzer pro Stunde) geeignet.
  • Stents: Durch die Nase eingeführte Plastikröhrchen halten den Rachen offen. Dieses Verfahren wird aufgrund von Würgereiz von vielen Patienten abgelehnt.
  • Mandelentfernung mit Straffung des weichen Gaumens

Unser Experte zu diesem Thema

Prof. Dr. med. Thomas Wilhelm
Facharzt für HNO-Heilkunde, Plastische Operationen, Spezielle HNO-Chirurgie; Fellow of the European Board of Otorhinolaryngology, Head & Neck Surgery (Europäischer Facharzt für HNO-Heilkunde)
Chefarzt der Klinik für HNO-Heilkunde
Telefon 03433 21-1461
thomas.wilhelm@sana.de

Stand: 03.11.2022

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